Altenteilsvertrag bei Hofübergabe
Vergessen einer vereinbarten Leistungserhöhung
Wenn sich die Eigentümer eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs aus Altersgründen zurückziehen und den Hof an ein Kind oder mehrere Kinder übergeben, werden häufig Altenteilsverträge geschlossen. Dabei handelt es sich um eine Verknüpfung der Hofübergabe mit einem Versorgungsvertrag, der steuerlich als Rente oder dauernde Last ausgestaltet werden kann.
Dauernde Lasten unterscheiden sich von Renten lediglich darin, dass deren Höhe von den jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnissen des Hofübernehmers (zum Beispiel Gewinn oder Umsatz) abhängt.
Seit dem 1.1.2008 kann ein Hofübernehmer die von ihm erbrachten Versorgungsleistungen – unabhängig davon, ob es sich dabei um eine Rente oder eine dauernde Last handelt – in voller Höhe als Sonderausgaben abziehen.
Ertragsteuerlich sind Verträge zwischen nahen Angehörigen jedoch nur anzuerkennen, wenn die Vereinbarungen zivilrechtlich klar und eindeutig sind und auch tatsächlich durchgeführt werden. Bei der Vermögensübergabe in Verbindung mit einem Versorgungsvertrag muss der Mindestbestand an bürgerlich-rechtlichen Rechtsfolgen, der die Qualifikation als Versorgungsvertrag erst ermöglicht (Umfang des übertragenen Vermögens, Höhe der Versorgungsleistung, Art und Weise der Zahlung), klar und eindeutig vereinbart werden. Zudem müssen die Leistungen auch wie vereinbart erbracht werden. Andernfalls deutet dies darauf hin, dass es den Parteien an dem erforderlichen Rechtsbindungswillen fehlt.
In einem vom Bundesfinanzhof (BFH) entschiedenen Rechtsstreit hatten ein Landwirt und seine Ehefrau mit notariell beurkundetem „Hofübergabe- und Altenteilsvertrag sowie Erbverzichtsvertrag“ einen Kommanditanteil sowie land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitz im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf den gemeinsamen Sohn (= späterer Kläger) übertragen.
Zu den vereinbarten Altenteilsleistungen gehörte ein monatlicher Zahlbetrag von 200 €, der sich ab dem 65. Lebensjahr des Vaters auf 300 € erhöhen sollte. Ferner hatte der Sohn den Altenteilern ein lebenslanges Wohnrecht und die Übernahme der damit verbundenen Kosten (Heizung, Strom, Wasser, Müllabfuhr, Telefon) sowie Pflegeleistungen im Alter und bei Krankheit zugesichert.
Das Finanzamt erkannte die als Sonderausgaben geltend gemachten Altenteilsleistungen allerdings nicht an. Denn nach Ansicht des Amtes war aus der angeblich vergessenen Durchführung der Erhöhung der Altenteilsleistungen ab dem 65. Lebensjahr des Vaters, die aufgrund einer vertraglich festgelegten Wertsicherungsklausel hätte vorgenommen werden müssen, der fehlende Rechtsbindungswille der Beteiligten zu entnehmen. Ferner waren die bis dahin überwiesenen Beträge nicht vom Konto des Sohnes, sondern von einem Gemeinschaftskonto, das dieser zusammen mit seiner Ehefrau unterhielt, geleistet worden.
Das Niedersächsische Finanzgericht wies die Klage des Sohnes erstinstanzlich mit der Begründung ab, dass der fehlende Rechtsbindungswille der Parteien der Wirksamkeit des geschlossenen Übergabevertrages entgegenstehe. Der Sohn beantragte daraufhin die Revision beim BFH.
Der BFH sah die Revision als begründet an und entschied, dass der Rechtsbindungswille aus der vergessenen Erhöhung des Zahlbetrags nicht verneint werden könne. Der BFH stimmte den Klägern auch darin zu, dass jedenfalls in die für Zwecke der Feststellung des erforderlichen Rechtsbindungswillens vorzunehmende Gesamtbetrachtung auch der Miet- bzw. Nutzungswert des Wohnungsrechts einzubeziehen ist, sodass die unterbliebene Erhöhung der Barleistungen um 100 € monatlich bei einer Gesamtbetrachtung aller im Übergabevertrag vereinbarten Altenteilsleistungen nur von untergeordneter Bedeutung ist. Lediglich eine von Anfang an vollständige Nichtzahlung ist schädlich. Ein „schlichtes Vergessen“ führt noch nicht zur Aberkennung des Rechtsbindungswillens (Urteil vom 16.6.2021, X R 3/20).