Bestellung eines Erbbaurechts
Aufdeckung stiller Reserven droht
Das Finanzgericht Münster hatte über die ertragsteuerlichen Folgen bei Bestellung eines Erbbaurechts an einem ursprünglich für landwirtschaftliche Zwecke genutzten Grundstück zu entscheiden (Urteil vom 15.9.2021, 13 K 2130/17 E, AO).
Ein Erbbaurecht ist das veräußerliche und vererbliche dingliche Recht, auf einem Grundstück eines Dritten ein Bauwerk zu errichten. Das dingliche Recht entsteht mit Einigung (notarieller Vertrag) und Eintragung im Grundbuch. Der Erbbauberechtigte zahlt für die Begründung des dinglichen Nutzungsrechts einen Erbbauzins; der Empfänger der Zinsen erzielt in der Regel Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Ertragsteuerlich besteht bei Bestellung eines Erbbaurechts die Gefahr einer Zwangsentnahme des Grundstücks oder sogar einer Zwangsbetriebsaufgabe (BFH-Urteil vom 18.12.2014, IV R 40/10).
Im Streitfall hatte der Vater der Klägerin ein 14 ha großes Grundstück landwirtschaftlich genutzt und nach Aufgabe der Landwirtschaft parzellenweise an unterschiedliche Pächter verpachtet. Die Tochter (Klägerin) führte die Verpachtungen nach dem Tod des Vaters fort und erklärte daraus Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft.
Im Wirtschaftsjahr 2011/2012 bestellte die Klägerin ein Erbbaurecht an einer Teilfläche (3,5 ha) für die Dauer von 50 Jahren mit Verlängerungsoption zugunsten einer KG, die darauf einen Produktionsbetrieb errichten wollte. Die KG nahm die geplante Bebauung jedoch nicht vor, sodass die Teilfläche weiterhin für den Getreideanbau genutzt wurde.
Das Finanzamt sah in der Bestellung des Erbbaurechts eine Zwangsentnahme der Teilfläche und besteuerte den Entnahmegewinn. Die Klägerin legte gegen die Entscheidung des Finanzamtes Einspruch ein mit der Begründung, die Rechtsprechung des BFH zur Zwangsentnahme bei Bestellung eines Erbbaurechts greife nicht, da die geplante Bebauung letztlich nicht erfolgt sei.
Das Finanzgericht wies die Klage ab und bestätigte die Auffassung des Finanzamts. Es stellte fest: Weder der Vater der Klägerin noch die Klägerin selbst hatten den landwirtschaftlichen Betrieb in der Vergangenheit aufgegeben. Eine Betriebsaufgabe ist durch die parzellenweise Verpachtung nicht erfolgt und wurde auch nicht erklärt. Nach ständiger Rechtsprechung gilt ein LuF-Betrieb durch die Einstellung der Eigenbewirtschaftung nicht als aufgegeben, wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen erhalten bleiben. Mit Bestellung des Erbbaurechts wurde eine Teilfläche aus dem Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs entnommen. Eine Nutzungsänderung ist nur solange unschädlich, wie sie 10 % der verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Fläche nicht überschreitet (BFH-Urteil vom 10.12.1992, IV R 115/91). Im Streitfall war jedoch eine Teilfläche von 25 % der Gesamtfläche aller Betriebsgrundstücke betroffen.
Durch die Bestellung des Erbbaurechts ist das Grundstück dauerhaft dem Betrieb der Klägerin entzogen worden. Dabei ist es nicht von Bedeutung, dass die geplante Bebauung nicht vorgenommen wurde, da bereits die Bestellung des Erbbaurechts, mit der sich die Erbbauberechtigte vertraglich zur Bebauung verpflichtet hat, zu einer Entnahme führt.
Die Revision wurde vom Finanzgericht Münster zugelassen.